Eine Chronik der bisherigen Umwelt-Schäden
Als der Krieg begann ...
Es ist der 24. Februar 2022, 4:15 Uhr, die Tagesschau meldet online: Putin hat den Krieg angeordnet und dadurch begonnen. In Kiew seien erste Explosionen zu hören.
Die Welt ist im Schockzustand. Ich gehe zur Schule, irgendwie ist die Stimmung in unserer Klasse ernster als sonst, dann erfahre ich von den anderen, was Putin getan hat. Ich bin natürlich wie alle anderen einfach nur entsetzt.
20:00 Uhr: Es läuft die Tagesschau. Noch nicht mal beim Mauerfall und der Wiedervereinigung wurde dort ausschließlich über ein Thema berichtet. Heute schon – und die nächsten Tage auch.
Der Krieg ist grausam und dramatisch für die Menschen – jetzt und heute, aber auch längerfristig. Denn: es leidet auch die Umwelt – was wiederum schlimm für Menschen, Tiere und Natur ist! Hier folgt eine Chronik der Nachrichten zu Umweltschäden durch den Ukraine-Krieg.
4. März
Schon gewusst? Das Völkerrecht verbietet unter Anderem auch umweltschädliche Kriege. Im Zusatzprotokoll der Genfer Konvention von den Vereinten Nationen, bei dem auch Russland als Vertragspartei aufgeführt wird, werden Techniken, die lang anhaltende, verbreitete und schwere Schäden verursachen, verboten.
Nicht nur Tonnen von CO₂ werden durch einen Krieg ausgestoßen, es wird auch Grundwasser verseucht, Wälder und Natur werden verwüstet und durch Waffen verbrannt.
Doch weshalb genau wird das CO₂ freigesetzt? Zum einen wegen der Kriegsflugzeuge und Panzer, die natürlich nicht elektrisch betrieben werden wie heute schon einige Autos. Zusätzlich verbrauchen Panzer viel mehr Treibstoffe, was zu einem höheren Ausstoß beim Panzerfahren im Gegensatz zum Autofahren führt. Wenn mehr Treibstoffe in den Tank eines Panzers gefüllt werden müssen als bei einem Auto und der Panzer trotzdem nur die gleiche Strecke mit der Tankladung fahren kann, wird natürlich auch für die gleiche Fahrtlänge deutlich mehr CO₂ ausgestoßen.
Panzer verbrauchen 250 Liter Diesel-Treibstoff pro 100 Kilometer!
Beim russischen Panzer „T-72“ gelten beispielsweise folgende Verbrauchswerte: Auf befestigten Straßen verbraucht er 250 Liter Diesel-Treibstoff pro 100 Kilometer, ein durchschnittlicher PKW verbraucht auf gleicher Strecke dagegen „gerade mal“ 7,5 Liter Kraftstoff und wird schon damit als umweltschädlich eingestuft! Da es insgesamt nicht so viele CO₂-Ausstoß-Daten von Kriegswaffen gibt, kann als Beispiel für Flieger (B25-Bomber) nur ein amerikanisches Modell genommen werden. Der B25-Bomber verbraucht 15.000 Liter pro Stunde. Ein Auto verbraucht soviel in mehr als 18 Jahren.
Fest steht für die Ukraine, dass sie Russland eines Tages für die Umweltschäden verklagen will.
März – April
Es rückt das Asow-Stahlwerk in den Vordergrund. Die Stadt Mariupol ist besonders umkämpft und die letzten Einwohner der Stadt sind in das Stahlwerk geflüchtet. Daraufhin wird es angegriffen.
Wären dabei die tausenden Tonnen giftiger Schwefel-Wasserstoff-Lösung in das Asowsche Meer ausgeflossen, wäre die gesamte Flora und Fauna (so die Stadtregierung von Mariupol), einer fast doppelt so großen Fläche wie Schleswig-Holstein, quasi komplett zerstört. Das wäre ein immenser Schaden für Wirtschaft, Natur, Mensch und Tier. Und das wird nicht das einzige Beispiel eines Schadens an Natur durch den Krieg sein.
11. März
Langsam bekommt man in Deutschland eine Inflation zu spüren, die in gewisser Weise auch der Umwelt schadet.
Ein besonders wichtiges Element für den Bau eines Elektroautos ist Nickel. Am 11. März kam die Meldung, dass Nickel mittlerweile 18% teurer geworden ist, und Russland als Vertragspartner und drittgrößter Anbieter von Nickel weltweit wurde sanktioniert. Bei so einem Krieg ist das zwar das Mindeste, was getan werden sollte als Reaktion, aber trotzdem führt das auch dazu, dass Nickel nicht mehr vor allem aus einer noch einigermaßen nahen Region kommt, sondern beispielsweise von den Philippinen, und das bedeutet lange Transportwege, also viel CO₂. Und auch für die bereits erwähnten Elektroautos hat das Folgen. Es ist zu befürchten, dass die geplanten 15.000.000 E-Autos in Deutschland bis 2030 durch Preise und Nickel-Mangel nicht erreicht werden.
23. März
Sogar auf die Klima-Forschung wirkt der Krieg ein.
Die Arktis ist wegen des Klimawandels in Gefahr, die Region erwärmt sich besonders schnell; Eis schmilzt. Unglaubliche Rekord-Temperaturen werden jährlich gemessen – im Jahr 2021 waren es 38 Grad. Und: Russland ist der größte Nachbar der Arktis. Forschende der Uni Leipzig wollten eigentlich Messungen, die wegen Corona ausfallen mussten, nachholen. Schon vor dem Krieg wurden ihre geplanten Aktivitäten von Putins Seite aus beschränkt – sie dürfen den russischen Luftraum nicht befliegen.
Viele deutsche Forschungsgesellschaften und Institute haben nach Beginn des Krieges aus Solidarität mit der Ukraine die Zusammenarbeit mit russischen Wissenschaftler*innen unterbrochen, dadurch auch deren gemeinsame Projekte. Man kann streiten, ob es richtig ist, für den Krieg auch die Wissenschaftler*innen aus Russland zu bestrafen. Doch auch Projekte wie das „Icarus“, welches den Strom von Zugvögeln untersuchen sollte, scheinen von russischer Seite aus abgebrochen worden zu sein. Seit einiger Zeit bekommen deutsche Forschungsteams keine Daten aus Moskau, und deutsche Ingenieure, die zur Zeit in Russland arbeiteten, haben den Kontakt zu ihren deutschen Kolleg*innen verloren.
26. August
Übrigens, mal am Rande bemerkt:
Nicht nur Chemie-Fabriken und Atomkraftwerke stellen eine Gefahr dar: Auch einfache Gebäude, für die der Baustoff Asbest eingesetzt wurde, tun dies – für die Gesundheit. Wenn diese Häuser durch Bombenangriffe zerstört werden, kann der krebserregende Stoff in die Luft und von dort in die Lunge, in Gewebe und Organe gelangen und Jahre später Tumore verursachen. Durch den Wind kann er weiter verbreitet werden.
Asbest wurde jahrzehntelang in Häusern verbaut. Es wurde vor allem bei Dacheindeckungen (Kunstschiefer, Wellfaserzement) und Dämmstoffen verwendet. In Deutschland gibt es strenge Vorschriften für den Abbau und eine (teure) Sondermüll-Entsorgung.
27. September
Die Ostsee sprudelt – die russischen Gaspipelines haben Lecks!
Auch das ist schädlich für Tiere und Klima – Explosionen unter Wasser und austretendes Methangas haben ebenfalls negative Auswirkungen! Darüber steht mehr im Artikel über die defekten Nord-Stream-Leitungen.
5. Oktober
Atomkraftwerke sind Chance und Gefahr zugleich?
Momentan diskutiert die Politik intensiv über eine mögliche Verlängerung der Atomkraftwerk-Laufzeiten in Deutschland – sie sollen die Energie-Versorgung sicherstellen und bezahlbar machen, dabei seien laut Öko-Institut „Strompreiseffekte im Großhandelsmarkt eines Streckbetriebs der Kernkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim äußert gering“, um 0,5-0,8 Prozent würde sich der Preis senken. Und gerade Mal weniger als 0,2 % Gasverbrauch würde ein Streckbetrieb von allen drei AKWs einsparen. Zeitgleich besteht in der Ukraine gerade die Gefahr, dass durch das, von russischen Soldaten eingenommene AKW Saporischja, das größte Atomkraftwerk Europas ein Super-Gau entsteht.
Saporischschja kann aber nicht zu einem zweiten “Tschernobyl” werden, denn dort sind komplett andere Reaktortypen in Betrieb. Der Reaktor in Tschernobyl hatte in seinem Inneren Graphit, also reinen Kohlenstoff, der nach der Explosion in Brand geraten war. Durch den Brand wurde sehr viel Radioaktivität freigesetzt und mit dem Wind beinahe überall verteilt. Mehr dazu steht in einem Artikel in der Wirtschaftwoche.
Ob es und wie hoch ggf. eine Strahlenbelastung ist, kann jeder selbst prüfen, siehe ODL-Info. Katastrophenschutz wäre ab Dosen von 10 Millisievert nötig. 0,24 Mikrosievert pro Stunde sind in Deutschland normal. Erläuterung: 1 Sievert = 1 000 Millisievert ( mSv ) = 1 000 000 Mikrosievert ( µSv )
Fazit bis heute (9.10.22)
Bisher schätzt die Ukraine die Umwelt-Folgen auf 36 Millionen Euro ein, der Wiederaufbau werde rund 80 Millionen Tonnen CO₂ kosten. Laut Ukraine seien bisher durch den Krieg 31 Millionen Tonnen CO₂ in die Luft gestoßen worden – die Produktion von Waffen ist noch nicht einmal mit hinein gerechnet. Allein in Deutschland fallen für die Produktion von Waffen 32.000 Tonnen CO₂ an, 8.700 Tonnen entstehen bei der Herstellung von Kampffahrzeugen.
Und wir wissen nicht, was noch alles kommt. Angesichts der Tatsache, dass die Kohlekraft wieder hochgefahren werden muss, angesichts der Diskussion über Fracking (Flüssiggas-Gewinnung), angesichts von plötzlich auftretenden Pipeline-Lecks, …
Hoffentlich hört Putins Krieg bald auf. We stand with Ukraine!
Quellen:
- https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-russland-ukraine-krise-donnerstag-101.html#Augenzeugen-Explosionen-in-Kiew-zu-hoeren
- https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-9195.html
- https://www.iwkoeln.de/presse/iw-nachrichten/sarah-fluchs-wie-kriege-die-umwelt-schaedigen.html
- https://www.autozeitung.de/jaehrliche-fahrleistung-197899.html
- https://www.derstandard.de/story/2000137983050/kriege-die-vergessenen-klima-und-umweltsuender
- https://www.stern.de/auto/fahrberichte/ukraine-krieg-und-seine-folgen-die-klimaziele-wanken-31698538.html
- https://www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/umwelt/neuer-waermerekord-von-38-grad-celsius-in-der-arktis-gemessen-13375644
- https://www.mdr.de/wissen/ukraine-krieg-folgen-klimaforschung-arktis-100.html
- https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-montag-181.html#Umwel
- https://www.welt.de/wirtschaft/article211016375/CO₂-Emissionen-Krieg-und-Ruestung-die-vergessenen-Klimasuender.html
- https://www.wiwo.de/technologie/umwelt/ukrainisches-akw-ein-zweites-tschernobyl-wird-es-mit-saporischschja-nicht-geben/28663272.html
- https://www.wiwo.de/technologie/forschung/umkaempftes-atomkraftwerk-in-der-ukraine-hier-sehen-sie-wie-gross-die-radioaktive-gefahr-bei-ihnen-ist/28132014.html
- https://odlinfo.bfs.de/ODL/DE/themen/wo-stehen-die-sonden/karte/karte_node.html
- https://www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/atomausstieg/atomkraft-keinen-tag-laenger
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