Kiew? Moskau? Wird eine Flutkatastrophe geplant?

Die Region Cherson im Süden der Ukraine ist derzeit von Russland besetzt. Während die russischen Truppen in Bedrängnis geraten, verdächtigen sich Moskau und Kiew gegenseitig, eine Flutkatastrophe herbeiführen zu wollen.

Das Wasserkraftwerk Kachowka liegt etwa 80 Kilometer oberhalb der ukrainischen Großstadt Cherson, die am gleichnamigen Stausee liegt. Eine 16 Meter hohe Staumauer staut dort circa 18 Milliarden Kubikmeter Wasser. Würde dieser Damm brechen, würden Wassermassen auf die niedergelegenen Städte stürzen, große Teile der Stadt Cherson und weiterer Siedlungen zerstören.

Die Ukraine wirft den russischen Besatzern vor, Teile des Kraftwerks inklusive der Mauer vermint zu haben und eine Sprengung zu planen. Präsident Selenskyj sprach am vergangenen Donnerstag auf dem EU-Gipfel von Terrorismus. Der Kreml hingegen verbreitet, Kiew wolle den Staudamm mit Raketenangriffen auf die Region brechen. Dort vermutet man wiederum, Moskau plane eine “false flag”-Aktion, heißt: Russland würde die Sprengung durchführen und dann die Ukraine beschuldigen.

Rein faktisch hätte Russland ein größeres Interesse an einer Sprengung.

Eine Umweltkatastrophe würde die ukrainische Gegenoffensive zumindest verzögern, die Flut könnte einen russischen Rückzug verschleiern. Die Besatzungsbehörden lassen deswegen tausende Menschen aus Cherson und der Umgebung evakuieren, Kiew spricht von einer “Deportation ukrainischer Zivilisten nach Russland”. Es gibt auch Berichte, dass die russischen Streitkräfte die Zivilisten als Schutzschild für Truppenbewegungen nutzen könnte.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Sprengung katastrophale Zerstörungen und zivile Opfer fordern würde, wäre es kaum nachzuvollziehen, warum die Ukraine ein solches Risiko eingehen sollte. Zudem hätte Kiew diese Operation längst durchführen können, unter deutlich einfacheren Umständen.

Die russischen Truppen befinden sich in einer sehr schwierigen Lage, denn ukrainische Angriffe auf Flussübergänge haben ihre Versorgung deutlich erschwert. Kommandeure deuteten bereits einen Rückzug an. Ob sie mit der Zerstörung des Damms aber eine humanitäre Katastrophe verursachen würden, um die fortschreitende ukrainische Armee zeitweise aufzuhalten, ist unklar. Bricht der Damm, würde dies wahrscheinlich auch die Wasserversorgung der Krim bedrohen und vor allem: Dem Atomkraftwerk Saporischschja würde das Kühlwasser fehlen. (di)


Quelle:

  1. https://www.zdf.de/nachrichten/politik/militaeranalyse-cherson-staudamm-ukraine-krieg-russland-100.html
  2. https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ukraine-fuerchtet-sprengung-von-kachowka-staudamm-18404571.html
  3. https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-russland-staudamm-cherson-1.5679410
  4. https://www.n-tv.de/politik/Ukrainischer-Militaerexperte-ueber-russischen-Rueckzug-Koennten-Damm-sprengen-um-Zeit-zu-gewinnen-article23663676.html
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